Werner Lutz
Geboren 1930 in Wolfhalden AR. Ausbildung zum Grafiker. Lyriker und Maler in Basel. Verstorben 2016.
(Werner Lutz Wikipedia) (Wernerlutz.ch)

Neu ist eine Broschüre unter dem Titel  WORT und BILD  erschienen

Werner Lutz war ein grossartiger und sehr angesehener Lyriker. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass er auch ein sehr talentierter Maler und Zeichner war. Als junger Mann kam er aus seinem heimischen Appenzellerland nach Basel, wo er anfänglich als Grafiker und Schaufenster-Dekorateur tätig war. Früh schon begann er Gedichte zu schreiben. Da er eher öffentlichkeitsscheu war, ist sein Durchbruch als Lyriker recht spät gelungen. Seit den 70er Jahren hat er sich auch bildnerisch ausgedrückt, was heute leider etwas in den Hintergrund gerückt ist.

Wort und Bild waren seine zwei Wege, die er schöpferisch beschritten hat, Wege, die manchmal parallel liefen, manchmal sich gekreuzt haben. Die beiden Künste haben sich gegenseitig beeinflusst und hatten eine gemeinsame Basis: Lutz hat sehr bildhaft empfunden und sich ausgedrückt: "Mit Worten malen - mit Farben schreiben" oder "Ich winke mit Worten - ich winke mit Farben" sagte er.

Die Aussteller durften dreimal Arbeiten von Werner Lutz zeigen. Im Jahr 2009 hat er bei uns Rückschau auf die verschiedenen Phasen seines zeichnerischen Werks gehalten. Wir zitieren aus seiner Vernissageansprache:

„Meine Arbeiten mache ich aus Lust, aus Freude an der Kreativität. Es ist jedesmal ein Abenteuer, ein leeres Blatt Papier mit Strichen zu beleben, auf eine frisch grundierte Leinwand den ersten Pinselstrich zu setzen. Die Charaktereigenschaften der Farben, ihre Leuchtkraft, die Vielfalt der Linien, der Formen, genügen mir. Oft brauche ich Bleistift und Pinsel auch als Therapie um einem Stillstand zu entkommen, einer tristen Stunde zu entfliehen. Und ich brauche sie, wenn beim schreiben von Gedichten, meiner anderen Lebensleidenschaft, nichts mehr gelingen will. Eigentlich müsste ich meine Bilder als Suchbilder bezeichnen, in denen ich suche, was nicht zu finden ist. ...

Die Ausstellung ist gegliedert in sieben Teile. Im „Schwatz- und Trinkstübli“ sind erste Aquarelle, aus den Jahren 1973 -75, zu sehen. Es sind fragile Farben- und Formen-Konstruktionen, die für meine Begriffe einen ähnlichen Aufbau haben wie meine ersten Gedichte in den fünfziger Jahren. Dann folgen kleinere Arbeiten auf Leinwand, so zwischen 75 und 82 entstanden. Es sind, klar erkennbar, Weiterentwicklungen der ersten Aquarelle. Dann können sie in "Laubnotizen" blättern, Aquarelle und Gouachen, ca. 1996, inspiriert von Herbstlaub, das ich sammelte und auf meinen Arbeitstisch streute. Ich war, und bin immer noch fasziniert von der Ästhetik des herbstlichen Zerfalls.

Dann: kleine Bilder auf Haushaltpapier, erst vor kurzem entstanden. Dazu folgende Geschichte: Im Obersassi, einem Häuschen, oben in den Beckenrieder Bergen, das ich seit vielen Sommern bewohne, ist mir das Zeichenpapier ausgegangen, und ähnlich dem Teufel, der in der Not Fliegen frisst, habe ich in der Not zwar keine Haushalt-Papierrollen gefressen, sie aber bemalt.

Den Keller der Galerie habe ich, wie es sich für einen Keller gehört, dem Unbewussten reserviert. Es sind Blätter, mit denen ich einen recht schwierigen Lebensabschnitt zu bewältigen versuchte. Ich habe diese Arbeiten "Beziehungs-Panoptikum" getauft. Es sind eigentlich gezeichnete und gemalte Beweise, dass auch ein Dichter aus Fleisch und Blut ist, und nicht ungeschoren durchs Leben kommt. Ah, beinahe hätte ich es vergessen: Zwischen die Bilder an den Wänden habe ich einige Gedichte gestreut. Sie sind entweder gleichzeitig entstanden, oder korrespondieren irgendwie mit den Bildthemen."

Anlässlich eines Galeriegespräches 2005 sagte Werner Lutz:

"Ich setze Strich an Strich, daraus entstehen Flächen. Das leise Geräusch bei der Arbeit ist ein Knistern, es wächst etwas heran. Übrigens hat das Zeichnen eine ähnliche Arbeitsstruktur wie das Schreiben eines Gedichts. Plötzlich wirst du hellwach, von einem einzigen Strich geweckt, oder von einem Wort, das dich unverhofft besucht."

Wie kommen die Texte in Deine Zeichnungen und Bilder, lässt Du Dich von Texten anregen?

"Das ist problematisch, weil eine Zeichnung dann schnell zur Illustration des Textes wird. Eine Illustration engt die Fantasie des Lesers, des Betrachters ein - ich möchte mir das Aschenbrödel selbst vorstellen, nicht vorstellen lassen. Das Interessante an Zeichnung und Text ist das autonome Nebeneinander. Es sollen Dialoge entstehen. Text und Zeichnung sollen in unterschiedlichen Sprachen miteinander kommunizieren. Ein kräftiger Fluch, in eine hauchzarte Zeichnung geschrieben, kann wunderschön sein."

Auch bei der dritten Ausstellung 2014 war Werner Lutz (und die Aussteller) daran interessiert, das Neben- und Miteinander von Bild und Text zu thematisieren. Das Zuwinken von Wort und Bild schuf faszinierende Ausstellungssituationen, an die wir hiermit erinnern möchten.

Dagmar Brunner in der ProgrammZeitung Basel / Oktober 2005

„... Seine Buchtitel sind so poetisch wie bildhaft: Nelkenduftferkel, Hügelzeiten, Schattenhangschreiten, Farbengetuschel. Seine Bilder schliesslich erinnern an Chiff-ren, geheime Schriftzeichen, die sich nicht ohne weiteres entziffern lassen ... Seine Zuneigung gilt dem Naheliegenden, dem Alltag, dem Augenblick, die er schwebend leicht, klar und dicht zu würdigen weiss. Und zwar, wie es scheint, mit umso weniger Worten, je älter er wird. Alle diese Qualitäten finden sich auch in seinen Bildern, vor allem den Zeichnungen, auf die z.B. sein Wort „Bleistiftgespinste“ wunderbar passt. Mit Graphit auf edlem Papier lässt Lutz ... Gebilde entstehen, die an Pflanzliches, an Schattenspiele und Wolken, an Gesteinsoberflächen und Wasserläufe oder auch an tanzende Figuren erinnern. Eine anziehende Mischung aus Lebendigkeit und Ruhe, Kraft und Zartheit, die auch die Texte kennzeichnet. Und so bilden diese beiden künstlerischen Begabungen eine faszinierende Einheit und bleiben doch individuelle Aeusserungen.“