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Zsuzsa Füzesi Heierli

Geboren 1953 in Nagymanyok, Ungarn
Künstlerische Ausbildung in Pécs und Budapest, mit Schwergewicht Keramik
Lebt und arbeitet als Keramikerin in Basel


 

Auszüge aus einem Gespräch mit Zsuzsa Füzesi Heierli anlässlich ihrer Ausstellung „Matrix – Grosse Keramik-Objekte“ in der Galerie Die Aussteller, Basel, 2003;


„Das Thema: wie ist Keramik verbunden mit verschiedenen Naturwissenschaften und Naturbetrachtungen, auch mit Mathematik (Fraktalgeometrie) ... ist wichtig für mich, auch in bezug auf die jetzt ausgestellten Objekte. Meine Arbeit hat sich verändert durch die Meisterschule (an der Janos Pannonius-Universität, Pécs). Ich habe früher ziemlich „rund“ gearbeitet und volle Formen gebraucht, aber je mehr ich nachgedacht und nachgeforscht habe, desto mehr fand ich, dass ich irgendwelche Aufbauart und Strukturen finden musste, die objektiver sind, wenn ich das sagen darf ...

... ich glaube jetzt etwas gefunden zu haben, was ich zu tun habe, solange ich lebe. Dies würde man pejorativ so formulieren: ich ahme Naturgegenstände nach ...

... Ich sehe es durchaus so, dass bei mir eine Entwicklung von der Natur zu einer eher geometrischen Anschauung stattgefunden hat. In meiner ganzen Ausbildung haben wir enorm viele Naturstudien gemacht. Ich habe eine klassische akademische Ausbildung, das heisst Studium des Menschen und aller möglichen Naturformen. Das war das wichtigste Prinzip in mener Ausbildung und mein Meister war sehr streng darauf aus, dass das Prinzip „Naturgemässes Denken“ verfolgt wurde. Dabei wollte er nicht, dass seine Schüler Naturformen nachahmen, das war ihm nicht das Wesentliche. Wir sollten die in der Natur herrschenden Prinzipien verstehen, die Wachstumssysteme zum Beispiel. Aber wie man das Prinzip umschreibt, so dass es nicht rein geometrisch wird, das war das mich faszinierende Thema ...

... Ich nehme eine Struktur und die Struktur lässt mit mir spielen. Das wäre für mich richtig formuliert. Denn ich spiele nicht mit der Struktur. Meine Ueberlegung ist schwierig zu formulieren: ich muss einen einzigen Grundgedanken haben, einen „Spiritus“, oder ein „whow-Erlebnis“, und zu diesem ersten Grundgedanken nehme ich Strukturen, und ich lasse mich dadurch beeinflussen, wie mein erster Gedanke auf diese Strukturen wirkt. Das klingt sehr theoretisch. Konkreter: wenn ich Trichterformen nehme, dann habe ich die Möglichkeiten, nebeneinander, aufeinander, schräge usw. die Formen zu legen. Das Prinzip wird bei Bildern in der Ebene angewandt, ich kann es dreidimensional herstellen. Die Sache bekommt dadurch aber immer noch nicht das „Aha-Erlebnis“, und führt auch nicht zum Punkt, dass in uns ein prickelndes Gefühl ausgelöst wird. Es reicht für mein Empfinden nicht, wenn ich rein geometrisch denke und mich wiederhole, denn der Faktor Loslassen und sich Ueberraschungen zu erlauben ist sehr wichtig für mich. Aber das geschieht nie durch Zufall. Die Zufälle muss man steuern. Darum verwende ich unheimlich viele Schrägen, also ich lege oft einen schrägen Boden, oder verwende oft verschiedene gewölbte Ebenen als Grundriss, denn eine gewölbte Grundebene provoziert zusammen mit den Schrägen Veränderungen bei allen Teilformen. Und diese kleinen Veränderungen bei den Teilformen verändern dann die Gesamtform völlig.

... Ob meine früheren Werke mehr organisch, morphologisch waren? Es ist immer noch morphologisch. Sie waren früher eher erzählerisch – ich hoffe, dass ich jetzt eher näher an der Wahrheit bin ... Heutzutage kommt mir mein früheres Programm ziemlich esoterisch vor, oder vielleicht besser gesagt egozentrisch. Aber eigentlich möchte ich nicht nur einfach aus mir schöpfen, sondern eher suchen. Natürlich kommen die jetzigen Sachen auch von mir, von woher denn sonst. Ich kann es noch nicht richtig formulieren: ich glaube, der Künstler spricht dann Menschen an, wenn er etwas unter der Bauchlinie trifft. Wenn die Menschen denken, es bewegt sich etwas im Leib. Jung hat schon vor Jahrzehnten über unseren kollektiven Geist geschrieben, grob gesagt, dass uns Erlebnisse oder Formen als vertraut vorkommen, ohne sie von unserer konkreten Realität zu kennen ... An so etwas glaube ich, weil ich mit meinen Skulpturen stets erlebe, dass sie Menschen ansprechen von verschiedenen Schichten, verschiedenen Kulturen, verschiedenen Altersstufen, wenn sie etwas Elementares, Erdiges haben. Formen, die bekannt vorkommen. Solche Formen zu suchen, das ist etwas, was ich ein Leben lang machen könnte.

Wieso kommen sie bekannt vor? Das ist eine ganz verrückte Sache. Wir kennen sie von irgendwoher, es sind Naturformen, Formen aus dem Weltall, die uns alle irgendwie ansprechen. Ich habe angefangen mit diesen Wespenwaben, also mit Sechsecken, zu arbeiten: es ist unheimlich, wie alle Menschen, ohne Ausnahme, sich mit dieser Grundstruktur vertraut fühlen. Diese Vertrautheit schafft man nicht einfach so, aus Ueberlegungen oder aus Philosophie, es ist etwas Biologisches in uns, denke ich. Suche nach Unsterblichkeit oder Ursprung?

Es gibt „vertraute Formen“. Ich nenne es Kategorien von Formen, zum Beispiel „Sehnsuchts-Formen“. Zickzack- oder Strahlenformen lösen oft im Menschen Sehnsucht aus. Einiges davon habe ich in meinen früheren Werken benutzt. Ich will nicht sehr geometrisch werden. Ich denke, dass ich eine Art von weicher Geometrie, wenn ich so formulieren kann, behalten möchte, eine Art „Fast-Geometrie“, weil dies, auf Ungarisch gedacht, noch etwas Salz hat. Es lässt Fragen offen.... ich möchte unheimlich gerne Sachen machen, wo du da stehst und denkst, da kannst du gedanklich etwas hinzutragen. Ich möchte Formen machen, wo die Gedanken losgehen, nicht ruhen, sondern losgehen. Man kann auch ruhend rennen.

Bei meinen Arbeiten für die Deutsche Mathematikervereinigung war ein Auslöser die Fraktalgeometrie, ganz klar. Die Mumonkan-Arbeiten sind entstanden für den Wettbewerb für eine Ausstellung, den der Deutsche Mathematikerverein ausgeschrieben hat. Ich fand dies sehr interessant, da ich diese Gedanken an die Fraktalgeometrie schon früher im Kopf hatte. Ich habe das Thema Mumonkan genommen, die Rätselhaftigkeit einer Form, verbunden mit dem fraktalgeometrischen Prinzip, dass man einen sogenannten seltsamen Attraktor in der Arbeit einbaut, so nennt man das offenbar. Es gibt in der Chaostheorie solche Erzählungen, dass ein Vogel, der in Alaska ins Wasser taucht und Wellen verursacht, in Südamerika das Wetter beeinflusst und das Klima ändern kann. Den Vogel nennt man dann den „seltsamen Attraktor“ Die Frage war, wie dies in meine Sachen einzubauen. Ich machte es so: die beiden Mumonkans sind in einer gewölbten Gipsform gelegen, und in der Wölbung gebe ich die Struktur, und darauf baue ich weiter, und die Wölbung ist mein seltsamer Attraktor....“

Keramik
Keramik
Mumonkan, Koan 4, schamottierter Ton, 2002, 37 x 52 x 53 cm